Die Hinzuziehung des Sachverständigen für den Betriebsrat gemäß § 80 Abs.3 BetrVG

Gemäß § 80 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Betriebsrat das Recht, einen Sachverständigen hinzuzuziehen, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Betriebsrat in bestimmten Angelegenheiten nicht über das erforderliche Fachwissen verfügt oder eine unabhängige Bewertung benötigt.

Die Hinzuziehung eines Sachverständigen kann in verschiedenen Situationen sinnvoll sein. Das gilt vor allem bei der Klärung von rechtlichen Fragen für den Betriebsrat innerhalb seiner Aufgaben. Der Sachverständige kann dem Betriebsrat bei der Analyse und Bewertung von Sachverhalten sowie bei der Entwicklung von Lösungsansätzen und Handlungsempfehlungen unterstützen.

Die Auswahl des Sachverständigen liegt grundsätzlich in der Entscheidung des Betriebsrats. Dabei sollte der Betriebsrat jedoch darauf achten, dass der Sachverständige über die notwendige Qualifikation und Erfahrung verfügt, um die spezifischen Fragestellungen kompetent beurteilen zu können. Zudem sollte der Sachverständige unabhängig und neutral sein, um eine objektive Bewertung gewährleisten zu können.

Die Kosten für den Sachverständigen trägt der Arbeitgeber, sofern die Hinzuziehung des Sachverständigen erforderlich ist und der Betriebsrat die Gründe für die Hinzuziehung nachvollziehbar darlegt. Der Arbeitgeber hat jedoch das Recht, die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Sachverständigen zu überprüfen. Kommt er dann zu dem Schluss, dass die Hinzuziehung des Sachverständigen angeblich nicht erforderlich ist, muss man dann auch mal das Arbeitsgericht zur Klärung bemühen.

Es ist ratsam, dass der Betriebsrat den Arbeitgeber frühzeitig über die Hinzuziehung eines Sachverständigen informiert und die Gründe für die Hinzuziehung darlegt. Dies fördert eine transparente Kommunikation zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber und kann mögliche Konflikte oder Missverständnisse vermeiden.

Was gehört zu den allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats?

Der Betriebsrat hat zahlreiche allgemeine Aufgaben, die darauf abzielen, die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber zu vertreten. Zu den Aufgaben des Betriebsrats gehören unter anderem:

Überwachung der Einhaltung von Gesetzen, Verordnungen und Tarifverträgen:

Der Betriebsrat hat die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass geltende Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen eingehalten werden. Das gilt vor allem für diejenigen Rechtsvorschriften, die zugunsten der Arbeitnehmer gelten.

Vertretung der Interessen der Arbeitnehmer:

Der Betriebsrat vertritt die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber, z.B. bei der Gestaltung von Arbeitsbedingungen oder der Arbeitszeit. Hierfür steht vor allem das Mittel der Betriebsvereinbarung zur Verfügung.

Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern:

Der Betriebsrat soll dazu beitragen, dass Frauen und Männer im Betrieb gleichberechtigt sind und Diskriminierung vermieden wird. Dies gilt vor allem bei Einstellung, Beschäftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und dem beruflichen Aufstieg.

Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf:

Der Betriebsrat soll sich dafür einsetzen, dass Mitarbeiter ihre beruflichen und familiären Verpflichtungen besser miteinander vereinbaren können, z.B. durch flexible Arbeitszeitmodelle oder betriebliche Kinderbetreuung. Gleiches gilt für die Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb.

Schutz und Integration schwerbehinderter Menschen:

Der Betriebsrat hat die Aufgabe, die Interessen schwerbehinderter Menschen im Betrieb zu vertreten und ihre Eingliederung zu fördern.

Förderung der Jugend und der Auszubildenden:

Der Betriebsrat bereit die Wahl der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) ein und führt sie durch. Das gilt auch dann, wenn es im Betrieb bereits eine JAV gibt. Im Weiteren arbeitet der Betriebsrat eng mit der JAV zusammen.

Umweltschutz und Arbeitssicherheit:

Der Betriebsrat hat die Aufgabe, auf die Einhaltung von Umweltschutz- und Arbeitssicherheitsvorschriften zu achten und entsprechende Maßnahmen im Betrieb zu fördern.

Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb:

Der Betriebsrat fördert das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern. Hierbei sind auch Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu beantragen.

Beteiligung bei Personalmaßnahmen:

Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei Personalangelegenheiten wie Einstellungen, Versetzungen, Kündigungen oder Beurteilungen.

Beratung und Information der Arbeitnehmer:

Der Betriebsrat soll die Arbeitnehmer über ihre Rechte und Pflichten sowie über wichtige betriebliche Angelegenheiten informieren und beraten. Im Zweifelsfall ist es aber ratsam, im Einzelfall auf die Beratung durch einen Anwalt zu verweisen.

Durchführung von Betriebsversammlungen:

Der Betriebsrat ist verpflichtet, mindestens einmal im Quartal eine Betriebsversammlung einzuberufen, in der er über seine Tätigkeit berichtet und die Arbeitnehmer informiert.

Arbeitsrecht ausschließlich auf der Seite der Arbeitnehmer
Arbeitsrecht für den Betriebsrat in Bonn

Wann ist es erforderlich, einen Sachverständigen zu beauftragen?

Ein Sachverständiger sollte beauftragt werden, wenn es notwendig ist, eine fachkundige und objektive Bewertung oder Einschätzung in einem bestimmten betrieblichen Themengebietes zu erhalten. Dies kann in verschiedenen Situationen erforderlich sein.

Erforderlich ist für den Betriebsrat die Hinzuziehung des Sachverständigen immer dann, wenn die eigene Fachkunde nicht ausreicht, um einen Sachverhalt zu bewerten. Dabei geht es immer um konkrete betriebliche Fragen. Das ist im Regelfall die Begleitung des Betriebsrats beim Abschluss einer Betriebsvereinbarung.

Beurteilungsspielraum:

Der Betriebsrat hat einen eigenen Beurteilungsspielraum, ob die Tätigkeit eines Sachverständigen erforderlich ist. Der Spielraum ist auch relativ groß. Allerdings ist auch immer zu prüfen, ob die Fragen auch aus eigenen Bordmitteln zu klären sind. Auch sind eventuell vorhandene fachkundige Mitarbeiter im Betrieb zu fragen. Wenn das dann schon ausreicht, um Klarheit zu schaffen, wird man die Erforderlichkeit wohl eher verneinen müssen.

Aber der Betriebsrat kann auf keinen Fall darauf verwiesen werden, beim Rechtsanwalt des Arbeitgebers nachzufragen. Auf solche komischen Ideen kommen Arbeitgeber tatsächlich in schöner Regelmäßigkeit. Mal ganz unter uns Pastorentöchtern: abgesehen davon, dass der Arbeitgeberanwalt sich bei der Gelegenheit möglicherweise strafbar machen dürfte. Die Auskunftsperson muss schon auch das Vertrauen des Betriebsrats genießen. Da wendet man sich nicht an den Anwalt der Gegenseite.

Sonderfall Künstliche Intelligenz:

Wichtig: wenn es um die Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz geht, ist die Hinzuziehung des Sachverständigen immer erforderlich. An der Stelle muss man sich dann noch nicht einmal groß streiten. Die Erforderlichkeit liegt hier seit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz 2021 bereits per Gesetz vor. In der Praxis streiten wir uns dann aber ganz gerne einmal darum, ob eine verwendete Software auch künstliche Intelligenz beinhaltet oder nicht.

Empfehlung:

Wenn es um IT und künstliche Intelligenz geht, kommt Herr Stühler-Walter an seine Grenzen. Und wenn man schon das technische Grundproblem nicht richtig erfasst bekommt, kann man auch keine vernünftige Betriebsvereinbarung dazu schreiben.

Von hier aus wird in diesen Fragen ausdrücklich der Kollege Dr. Marcus Werner von der Kanzlei WERNER RI in Köln empfohlen. Er ist sowohl Rechtsanwalt als auch Informatiker. In betriebsverfassungsrechtlichen Sachen arbeiten Herr Stühler-Walter und Herr Dr. Werner häufig zusammen.

Was bedeutet die nähere Vereinbarung mit dem Arbeitgeber?

Der Betriebsrat kann nur dann einen externen Sachverständigen beauftragen, wenn vorher eine entsprechende nähere Vereinbarung mit dem Arbeitgeber getroffen wurde. Ohne diese nähere Vereinbarung geht nichts. Dann muss der Arbeitgeber auch nicht die Kosten hierfür übernehmen.

Die nähere Vereinbarung mit dem Arbeitgeber bezieht maßgeblich auf die Person des Sachverständigen, die Kosten und das Gutachtenthema selbst. Bei der Person des Sachverständigen kann die Arbeitgeberseite allerdings nicht viel ausrichten. Die wählt der Betriebsrat selbst aus.

Die nähere Vereinbarung kann mündlich oder schriftlich erfolgen, es ist jedoch empfehlenswert, sie schriftlich festzuhalten, um Missverständnisse oder spätere Konflikte zu vermeiden.

Beschlussfassung:

Wie immer in der Betriebsratsarbeit: ohne Beschluss geht gar nichts!

Um zu einem Sachverständigen und einer näheren Vereinbarung zu kommen, muss der Betriebsrat hierzu zunächst einen Beschluss fassen. Streng genommen sind sogar zwei Beschlüsse zu fassen. Erst ist per Beschluss festzustellen, dass der Betriebsrat überhaupt externen Sachverstand braucht, um bestimmte Fragen zu klären. Dann ist der Arbeitgeber per Beschluss aufzufordern, hierzu mit dem Betriebsrat eine nähere Vereinbarung zu treffen.

Der Beschluss kann etwa wie folgt aussehen:

Der Betriebsrat stellt fest, dass er im Rahmen der Verhandlungen zur Thematik (…) aus eigenen Mitteln und eigener Kenntnis nicht in der Lage ist, die im Raum stehenden Fragen abschließend und selbständig rechtlich zu beantworten. Fachkundige Angehörige der Belegschaft finden sich hierzu nicht. Das durch Grundlagenschulungen erworbene Wissen ist ebenfalls nicht hinreichend.

Insbesondere sind die nachfolgenden Fragen zu klären:

(Hier jetzt bitte die Sache mit konkreten Fragen mit Leben füllen!)

Beschluss:

Rechtsanwalt XY, vollständige Adresse des Anwalts, wird zur Begleitung, Verhandlung und zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu der Thematik (…) als Sachverständiger gemäß § 80 Abs. 3 BetrVG hinzugezogen. Die Arbeitgeberseite wird aufgefordert, bezüglich der Hinzuziehung des Sachverständigen bis zum (Datum – eine Woche) ihr Einverständnis im Sinne einer näheren Vereinbarung zu erklären und mit dem Rechtsanwalt eine gesonderte Gebührenvereinbarung zu treffen.

Im Übrigen wird der Anspruch des Betriebsrats aus § 40 BetrVG auf Freistellung von den Kosten der Hinzuziehung des Sachverständigen an Rechtsanwalt XY, vollständige Adresse des Anwalts, zur Beitreibung im eigenen Namen abgetreten.

Weiter unten finden sich noch weitere Musterbeschlüsse des Betriebsrats als Word-Datei zum Download. Da ist dann auch ein entsprechendes Anschreiben an den Arbeitgeber als Muster zu finden.

Streitfall:

Verweigert der Arbeitgeber die nähere Vereinbarung, ist diese gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen. Das erfolgt per Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht. Der Antrag ist dann bestenfalls auf die Feststellung zu richten, dass die Hinzuziehung des Sachverständigen erforderlich ist. Dann ist zu beantragen, dass die Zustimmung des Arbeitgebers im Sinne einer näheren Vereinbarung mit dem Betriebsrat zu ersetzen ist.

Die Beauftragung des Anwalts als Verfahrensbevollmächtigter in dem Beschlussverfahren ist aber keine Frage des Sachverständigen. Hierzu ist also die Zustimmung des Arbeitgebers nicht erforderlich. Die Beauftragung des Prozessvertreters erfolgt als ganz normaler Beschluss durch den Betriebsrat.

Wenden Sie sich in der Frage der Beauftragung eines Sachverständigen notfalls vorher an den Betriebsratsanwalt. Dieser hilft von Anfang an dabei und unterstützt gegebenenfalls auch bei der gerichtlichen Durchsetzung. Falls Sie noch keinen Anwalt für das Gremium haben, können Sie sich auch vertrauensvoll und zunächst unverbindlich an Herrn Stühler-Walter wenden.

Fachanwalt für Arbeitsrecht in Bonn

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