Die Beschlussfassung des Betriebsrats richtig gemacht

Die Betriebsratsarbeit steht und fällt mit ordnungsgemäßen Beschlüssen. Ohne richtigen Beschluss geht nichts.

Die Beschlussfassung des Betriebsrates findet stets und ständig in der Betriebsratssitzung statt. Andere Möglichkeiten, wie etwa ein Umlaufverfahren per E-Mail, sind nicht zulässig.

An der ordnungsgemäßen Durchführung der Betriebsratssitzung hängt nicht selten die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit von Betriebsratsbeschlüssen. Und kaum etwas ist unangenehmer als Mitbestimmungsrechte, die deswegen ins Leere gehen. Auch Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht können scheitern, weil an irgendeiner Stelle der Beschluss nicht wirksam gefasst wurde.

Formulierung des Beschlusses:

Viele Betriebsräte tun sich bei der Formulierung von Beschlüssen schwer. Ein Betriebsratsbeschluss muss so formuliert sein, dass auch unbeteiligte Dritte verstehen können, was eigentlich beschlossen wurde.

Weiter unten finden sich einige Musterbeschlüsse als Word-Dokument zum Download.

Daher hier einige kurze Hinweise zur ordnungsgemäßen Sitzungsdurchführung.

Teilnahme der Mitglieder:

Grundsätzlich findet die Sitzung in Präsenz statt. Die Mitglieder des Betriebsrats müssen sich also persönlich zur Sitzung im Betriebsratsbüro einfinden. Im Jahr 2021 wurde aber durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz die Möglichkeit der Videositzung oder Telefonkonferenz eingeführt. Das ist vor allem für die Gremien, die weit verstreut sind, von Vorteil.

Das ist aber nur zulässig, wenn dies auch entsprechend in Geschäftsordnung festgelegt wurde. Das Ganze ist weiterhin nur zulässig, wenn

  • ein genereller Vorrang der Präsenzsitzung festgelegt ist,
  • nicht mindestens ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats binnen einer von dem Vorsitzenden zu bestimmenden Frist diesem gegenüber widerspricht und
  • sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können.

Es ist ratsam, die Widerspruchsfrist bereits in der Geschäftsordnung festzulegen. Die Durchführung der Video- oder Telefonkonferenz kann auch als Hybridsitzung durchgeführt werden. Es können also durchaus Betriebsratsmitglieder in Präsenz teilnehmen und gleichzeitig welche per Video zugeschaltet werden. Aber auch das sollte in der Geschäftsordnung festgelegt werden.

In welcher Form die Sitzung durchgeführt wird, entscheidet allein der Betriebsrat. Der Arbeitgeber kann hierzu keine Vorgaben machen. Insbesondere darf der Arbeitgeber nicht anordnen, eine Videositzung durchzuführen. Auf solche Ideen kommen Arbeitgeber mitunter, wenn sie dadurch vor allem Reisezeiten sparen wollen.

Die Aufzeichnung der Video- oder Telefonkonferenz ist generell unzulässig. Ganz im Gegenteil: es ist sogar strafbar.

Arbeitsrecht ausschließlich auf der Seite der Arbeitnehmer
Arbeitsrecht für den Betriebsrat in Bonn

Die Einladung zur Betriebsratssitzung:


Die Einladung zur Betriebsratssitzung erfolgt gemäß § 29 Abs.2 BetrVG ausschließlich durch den Betriebsratsvorsitzenden, bei dessen Verhinderung gegebenenfalls gemäß § 26 Abs.2 BetrVG durch den Stellvertreter. Andere Berechtigte zur Einladung existieren nicht.

Die Einladung muss rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung an sämtliche Mitglieder des Betriebsrats gehen. Ist ein Betriebsratsmitglied verhindert, so muss es dies dem Vorsitzenden mit Begründung anzeigen. Dieser kann bzw. muss dann ebenfalls unter Mitteilung der Tagesordnung ein Ersatzmitglied laden. Ist dieses verhindert, so muss das nächste Ersatzmitglied geladen werden usw.

Exkurs Verhinderung:

Die Mitgliedschaft im Betriebsrat oder das Dasein als Ersatzmitglied bedeutet nicht nur Rechte, sondern vor allem auch die Verpflichtung zur Betriebsratsarbeit. Daher gelten als Verhinderungsgründe nur ganz bestimmte Gründe.

Als Gründe zur Verhinderung gelten solche, welche die konkrete Betriebsratsarbeit tatsächlich oder rechtlich

unmöglich oder
unzulässig oder
unzumutbar

machen. Plakativ und spitz gesagt kann man sagen, dass ein Verhinderungsgrund nur bei Urlaub, Krankheit, Siechtum oder Tod des Betriebsratsmitgliedes vorliegt.

Andere Gründe, wie etwa Arbeitsüberlastung, gelten nicht als Verhinderung bezüglich der Teilnahme an der Sitzung. In Betrieben mit Schichtsystem wird es sich auch nicht verhindern lassen, dass irgendjemand gerade in der Betriebsratssitzung Überstunden macht. Das persönliche Schichtende ist jedenfalls kein Verhinderungsgrund. Hier muss man an der Sitzung teilnehmen. Etwas anderes kann allenfalls gelten, wenn dadurch die gesetzliche Höchstarbeitszeit überschritten wird.

Und selbst bei Krankheit oder Urlaub kann das Betriebsratsmitglied an der Sitzung teilnehmen, muss es aber nicht. Auch hier sollte man entsprechend dem Vorsitzenden kurz sagen, ob man kommt oder nicht. Im Fall des Urlaubs kann man auch generell mitteilen, dass man nicht kommen wird. Nimmt das Gremiumsmitglied allerdings trotz Krankheit oder Urlaub an der Sitzung teil, dann geht das auf die eigene Kappe. Die Zeit muss nicht bezahlt werden.

Es ist jetzt leider nicht möglich, eine abschließende Liste der Verhinderungsgründe aufzustellen. Es kommt da immer auf den Einzelfall an.

Die Einladung muss rechtzeitig erfolgen:

Rechtzeitige Einladung bedeutet, dass die eingeladen Mitglieder des Gremiums hinreichend Zeit haben müssen, sich bereits im Vorfeld mit den Themen der Tagesordnung inhaltlich zu befassen und sich eine Meinung zu bilden. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass möglicherweise auch mal die Gelegenheit bestehen muss, sich vorab in das Thema einzulesen.

Für die Rechtzeitigkeit sieht das Gesetz keine absolute Größe vor.  Dies ist eine Frage des Einzelfalls und durch den Vorsitzenden in pflichtgemäßem Ermessen zu ermitteln.

Hierbei sind Umstände, wie etwa die Erforderlichkeit der Ladung von Ersatzmitgliedern, der Umfang der Tagesordnung, die Schwierigkeit des zu beratenden Themas und auch die betrieblichen Belange, wie etwa die Personalplanung zu berücksichtigen.

Es empfiehlt es sich, regelmäßige Termine zur Betriebsratssitzung festzulegen und die dem Arbeitgeber mitzuteilen.

Die Tagesordnung:

In der Tagesordnung sollte alles, was besprochen werden soll, so genau und konkret, wie möglich, fixiert sein. Bestenfalls steht schon eine konkrete Beschlussvorlage drin. Dementsprechend gehören alle wichtigen Punkte auch ausdrücklich benannt in die Tagesordnung. Die Beauftragung eines Rechtsanwaltes zur Führung eines bestimmten Beschlussverfahrens gehört nicht in den Tagesordnungspunkt “sonstiges”. Vielmehr könnte dieser etwa wie folgt gefasst sein:

Beispiel für einen Betriebsratsbeschluss:

  1. Es soll ein Beschlussverfahren gegen die Arbeitgeberin gerichtet auf z.B. Unterlassung der Anordnung von Überstunden ohne Beteiligung des Betriebsrats eingeleitet werden.
  2. RA XY soll zur Einleitung und Durchführung des Beschlussverfahrens beauftragt werden.
  3. Der Freistellungsanspruch des Betriebsrats hinsichtlich der Anwaltskosten soll an den RA XY abgetreten werden.

Sind bei der Sitzung selbst alle (regulären) Mitglieder des Betriebsrats vollständig vertreten, so kann gegebenenfalls die Tagesordnung bei Einstimmigkeit noch wirksam geändert werden. Hiervon ist aber grundsätzlich mit Zurückhaltung Gebrauch zu machen.

Merke: lieber zu viel und zu konkret in die Tagesordnung schreiben, als zu wenig!

Die Leitung der Sitzung:

Die Betriebsratssitzung leitet der Vorsitzende oder bei dessen Verhinderung sein Stellvertreter. Ist nämlich keiner von beiden anwesend, findet keine ordnungsgemäße Sitzungsleitung statt mit der Folge der Unwirksamkeit der in der Sitzung gefassten Beschlüsse. In dem Fall kann sich das Gremium aber auch eine Sitzungsleitung wählen. Dann ist zwar weder der Betriebsratsvorsitzende noch dessen Stellvertretung vor Ort. Die Sitzung wird aber dennoch ordnungsgemäß geleitet.

Die Sitzung selber ist anzuberaumen, wenn entweder

  • eine turnusmäßige Sitzung stattfinden soll (Regelfall)
  • ein bestimmtes konkretes Thema eine Sitzung erforderlich macht. Das kann beispielsweise eine anstehende Anhörung wegen der geplanten Kündigung eines Arbeitnehmers sein. Denkbar ist auch das Ersuchen des Arbeitgebers zur Zustimmung in einer personellen Einzelmaßnahme. Wenn also Fristen abzulaufen drohen, sollte eine außerordentliche Betriebsratssitzung einberufen werden.
  • ein Viertel der Betriebsratsmitglieder das verlangt
  • der Arbeitgeber das verlangt. Dem muss der Betriebsrat aber nicht nachkommen.

Wer alles an der Sitzung teilnehmen kann:

An der Sitzung nehmen die Betriebsratsmitglieder teil. Auf Antrag eines Viertels der Betriebsratsmitglieder nimmt ein Vertreter der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft teil. Dieser ist dann beratend tätig. Bei der Beschlussfassung selber ist der Vertreter der Gewerkschaft nicht beteiligt.

Der Betriebsratsanwalt kann ebenfalls teilnehmen, wenn das erforderlich erscheint. Dies sollte jedoch vorher mit Arbeitgeber abgeklärt werden, damit die Kostentragung durch den Arbeitgeber sichergestellt ist.

Der Arbeitgeber nimmt an den Sitzungen nur dann teil, wenn er entweder vom Betriebsrat dazu eingeladen wurde oder selber die Betriebsratssitzung verlangt hat. In letzterem Fall kann er sich auch noch einen Vertreter vom Arbeitgeberverband hinzuziehen. Dann hat der Arbeitgeber aber auch nur ein Anwesenheitsrecht bei der Diskussion desjenigen Tagesordnungspunktes, den er verlangt hat. Schon bei der Beschlussfassung darüber hat er kein Recht mehr, anwesend zu sein.

Hausrecht:

Der Betriebsrat übt das Hausrecht aus. Dieses Hausrecht bezieht sich nicht nur auf das Betriebsratsbüro an sich. Auch der Weg dorthin ist durch das Hausrecht abgedeckt. Der Arbeitgeber kann jetzt also nicht die Teilnahme des Anwalts verhindern, indem er ihn nicht in den Betrieb lässt. Arbeitgeber kommen mitunter genau auf diese Idee, dann ein eigenes Hausrecht für den Betrieb ausüben zu wollen. Das wird aber nicht funktionieren.

Abstimmung über den Beschluss:

Der Betriebsrat ist gemäß § 33 Abs.2 BetrVG beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder (gegebenenfalls Ersatzmitglieder) an der Abstimmung teilnehmen.  Der Beschluss ist gefasst, wenn die einfache Mehrheit der anwesenden Mitglieder des Betriebsrats zustimmt. Stimmengleichheit gilt als Ablehnung.

Sitzungsniederschrift bzw. Protokoll und Anwesenheitsliste:

Über jede Verhandlung des Betriebsrats ist eine Niederschrift aufzunehmen, die mindestens den Wortlaut der Beschlüsse und die Stimmenmehrheit, mit der sie gefasst sind, enthält. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden und einem weiteren Mitglied zu unterzeichnen. Der Niederschrift ist eine Anwesenheitsliste beizufügen, in die sich jeder Teilnehmer eigenhändig einzutragen hat (§ 34 Abs.1 BetrVG).

Nimmt ein Betriebsratsmitglied per Video oder Telefon an der Sitzung teil, muss er unverzüglich in Textform die Teilnahme einschließlich der Zeit bestätigen. Empfehlenswert ist hierzu die Bestätigung via E-Mail. Zulässig wären durchaus auch beispielsweise WhatsApp oder Fax. Insbesondere bei WhatsApp ist es aber technisch aufwändig, das ganze in eine gerichtskonforme Form zu bringen. Und die wird man spätestens brauchen, wenn das Gericht die Unterlagen für die Sitzung haben will. Auch hier erfolgt die Empfehlung, die Form der Bestätigung in der Geschäftsordnung festzulegen.

Hat der Betriebsrat all das bei der Beschlussfassung berücksichtig, dürften wir am Ende auch einen wirksamen Beschluss haben.

Gotenstraße 25  53175 Bonn – Bad Godesberg
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