Erheben Sie Klage und machen Sie ihren Kündigungsschutz geltend

Wann besteht Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis?

Sie genießen Kündigungsschutz, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Aus dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) besteht ein allgemeiner Kündigungsschutz unter folgenden Bedingungen:

Das Arbeitsverhältnis muss länger als sechs Monate bestehen. Diese sechsmonatige Wartezeit gilt ab dem ersten Tag der Beschäftigung. Nicht zu verwechseln mit der Probezeit. Die gilt zwar auch meistens in den ersten sechs Monaten, hat aber rechtlich mit der Frage des Kündigungsschutzes nichts zu tun. Die Probezeit wirkt sich nur auf die Dauer der Kündigungsfrist aus. Auch gibt es eine Probezeit nicht automatisch. Diese muss gesondert vereinbart werden. Die Wartezeit im KSchG besteht automatisch und kann auch nicht verkürzt oder verlängert werden.

Der Betrieb, bei dem der Arbeitnehmer beschäftigt ist, muss regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen. Aber Obacht! Im Gesetz steht hierbei zwar „Betrieb“. Gemeint ist aber das Unternehmen. Wenn Sie also z.B. in einem Filialunternehmen mit jeweils in den einzelnen Märkten so um die sieben Leuten arbeiten, gucken wir uns eben das gesamte Unternehmen an.

Manchmal muss man aber auch spitz zählen, um über diese zehn Arbeitnehmer zu kommen. Jetzt zählt das Gesetz hier aber dummerweise nicht pro Kopf, sondern richtet sich nach der Arbeitszeit. Mitarbeiter mit einer Wochenarbeitszeit bis zu 20 Stunden zählen dabei als 0,5 Arbeitnehmer. Solche mit bis zu 30 Stunden Arbeitszeit pro Woche gelten als 0,75 Arbeitnehmer. Ab 30 Stunden in der Woche haben wir dann ganze Arbeitnehmer. Wir müssen damit dann mindestens 10,25 Arbeitnehmer erreichen.

Stellen Sie sich bitte jetzt besser nicht bildlich vor, wie 0,25 Arbeitnehmer aussehen.

Was es bedeutet, wenn Kündigungsschutz besteht

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nur aus bestimmten Gründen kündigen, z. B. aufgrund betriebsbedingter, personenbedingter oder verhaltensbedingter Gründe. Streng genommen gilt das zwar auch ohne Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes. Auch in Kleinbetrieben und bei einer Beschäftigungszeit von weniger als sechs Monaten darf der Arbeitgeber nicht aus willkürlichen Erwägungen kündigen.

Mit der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzes tritt aber eine Beweislastumkehr ein. Hierbei muss jetzt der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass die von ihm ausgesprochene Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Im Zivilprozess müsste das nämlich normalerweise der Arbeitnehmer als Kläger machen. Und ganz unter uns: das bekäme man regelmäßig nicht hin. Insofern kann man sich jetzt als Arbeitnehmer an der Stelle zunächst bequem zurücklehnen.

Und genau dabei liegt auch das Problem in Kleinbetrieben oder bei weniger als sechs Monaten Betriebszugehörigkeit. Klar, der Arbeitgeber darf auch in den Fällen nicht willkürlich kündigen. Nur den Beweis der Willkür wird man nur in seltenen Fällen führen können.

Manche Arbeitnehmer genießen noch besonderen Kündigungsschutz

Zusätzlich zum allgemeinen Kündigungsschutz gibt es auch besonderen Kündigungsschutz für bestimmte Personengruppen, wie z. B. Schwangere, Eltern in Elternzeit, Schwerbehinderte, Betriebsratsmitglieder und Auszubildende. Für diese Personengruppen gelten spezielle Regelungen, die den Kündigungsschutz weiter verstärken. Hierbei braucht es dann auch noch die vorherige Zustimmung durch die zuständigen Behörden. Betriebsräte und Auszubildende dürfen überhaupt nur außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt werden. Die ordentliche Kündigung ist da regelmäßig ausgeschlossen. Im Fall der außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes muss der Betriebsrat ausdrücklich der Kündigung zustimmen. Macht er das nicht, muss der Arbeitgeber zunächst durch das Zustimmungsersetzungsverfahren gehen. Und das kann dauern.

Wenn das Kündigungsschutzgesetz greift, sollten Sie Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht erheben

Klageerhebung und Klagefrist

Arbeitnehmer können innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen. Die Kündigung geht Ihnen in dem Augenblick zu, in welchem Sie in Ihrem eigenen Empfangsbereich ist und Sie zumindest theoretisch Kenntnis von der Kündigung erlangen können. Vorsicht ist geboten, wenn Sie mal für längere Zeit nicht zu Hause sind, etwa im Urlaub. Die Klagefrist wird nämlich auch dann in Gang gesetzt. Und wenn Sie jetzt erholt und schön braungebrannt aus dem Urlaub zurückkehren, ist möglicherweise eben diese Klagefrist bereits abgelaufen oder es wird zeitlich sehr knapp. Lassen Sie also irgendjemanden nach der Post gucken. Es muss ja ohnehin jemand die Blumen gießen und die Katze füttern.

Bei den Arbeitsgerichten der ersten Instanz dürfen Sie sich auch selbst vertreten. Ratsam ist das nicht aber Sie dürfen es. Wenn Sie Mitglied einer Gewerkschaft sind, so ist diese jetzt für Sie der richtige Ansprechpartner. Wollen Sie sich nicht selbst vertreten oder sind Sie nicht Mitglied der Gewerkschaft, so ist der Gang zum Anwalt angezeigt.

Wie das Verfahren verläuft

Kurze Zeit nach Erhebung der Klage setzt das Gericht einen sogenannten Gütetermin fest (in der Regel innerhalb von etwa drei oder vier Wochen). In diesem Termin soll eine gütliche Einigung der Streitsache herbeigeführt werden. Das ist nun als der Tag, an dem es erstmals um das Thema Abfindung geht – oder auf Deutsch: hier wird um den Preis der Kündigung verhandelt. Wird man sich innerhalb des Gütetermins einig, so diktiert der vorsitzende Richter einen Vergleich und der Prozess ist an dieser Stelle vorbei.

Denkbar ist natürlich, dass entweder keine Einigung über die Höhe der Abfindung zustande kommt oder Sie auch überhaupt keine Abfindung haben, sondern Ihren Job wiederhaben wollen. In diesem Fall geht es nach dem Gütetermin weiter in den sogenannten Kammertermin. Dieser findet – je nach Auslastung des Gerichts – etwa drei bis vier Monate (manchmal auch erheblich länger!) nach dem Gütetermin statt. Das Gericht prüft dann, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt ist und ob der Arbeitgeber die Kündigungsschutzbestimmungen eingehalten hat.

Hinter der Richterbank befinden sich nunmehr plötzlich nicht mehr nur der Vorsitzende, sondern auch zwei ehrenamtliche Richter – also zwei extra hierfür auf eine bestimmte Zeitdauer ausgesuchte Nichtjuristen, jeweils einer aus dem Arbeitgeber- und dem Arbeitnehmerlager. In diesem Termin wird noch am selben Tag das Urteil gefällt – Sie haben hier aber auch erneut die Möglichkeit, eine Abfindung auszuhandeln.

Wenn nun einer Seite das Urteil nicht gefällt, kann es natürlich auch noch zur Berufung oder gar zur Revision zum Bundesarbeitsgericht kommen.

Die Richter im Arbeitsgericht

Arbeitsrichter sind in der Regel ausgesuchte Juristen, die auch über die entsprechende Kenntnis der sozialen Wirklichkeit hinter dem Prozess verfügen. Nicht selten handelt es sich um solche Richter, die selbst in ihrem früheren Leben ganz normal im Arbeitsleben gestanden haben und vor dem Studium der Rechtswissenschaften einen ganz anderen Beruf gelernt haben. Entsprechend ist die Stimmung im Gericht. Sie werden hier nur in den allerseltensten Fällen einen kalten, wirklichkeitsfremden Richter finden, dem die menschliche Seite egal ist. Das gilt übrigens auch für die ehrenamtlichen Richter. Im Gegenteil herrscht an den meisten Arbeitsgerichten eine fast schon familiäre Stimmung und mitunter gibt es während der Verhandlung auch schon mal Anlass zu Gelächter.

Sie brauchen also vor der Verhandlung keine Angst zu haben – außerdem ist ja auch noch Ihr Anwalt an ihrer Seite.

Kurz noch ein paar Worte zur Abfindung

Bis auf wenige Ausnahmefälle gibt es in Deutschland keinen Anspruch auf eine Abfindung. Erfahrungsgemäß kommt aber meistens die einvernehmliche Auslösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung heraus. Das ist am Ende eine reine Verhandlungssache, wie auf einem Basar. Sie lassen sich ihr Arbeitsverhältnis quasi abkaufen.

Als Richtwert gilt hier die sogenannte Regelabfindung. Diese bewegt sich in der Höhe von einem halben Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr, wobei das zuletzt bezogene Gehalt maßgeblich ist. Es wurden aber auch schon höhere Abfindungen gezahlt – im Ergebnis ist das auch eine Frage von Verhandlungsgeschick- und Bereitschaft. Leider gibt es für Abfindungen kein Steuerprivileg mehr, weshalb die Abfindung als brutto berechnet wird – Sie müssen also noch die Steuer abziehen. Sozialversicherungsbeiträge fallen allerdings auf die Abfindung keine an.

Fachanwalt für Arbeitsrecht in Bonn

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