Wissenswertes zum Thema Betriebsvereinbarung und Einigungsstelle

Sinn und Zweck einer Betriebsvereinbarung

Sinn und Zweck einer Betriebsvereinbarung ist die Regelung von Arbeitsbedingungen in einem Unternehmen durch gemeinsame Entscheidungen von Arbeitgeber und Betriebsrat. Die Betriebsvereinbarung ist das wichtigste Mittel zur Umsetzung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. Sie fördert aber auch die Zusammenarbeit und Kommunikation im Betrieb, indem sie klare Richtlinien für die Gestaltung des Arbeitslebens vorgibt. Dadurch werden potenzielle Konflikte vermieden und ein harmonisches Arbeitsumfeld geschaffen.

Gegenstand der Betriebsvereinbarung sind die Felder, in denen aus dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht. Es gibt auch einige Bereiche, in denen der Betriebsrat ein eigenes Initiativrecht hat und den Abschluss einer Betriebsvereinbarung erzwingen kann.  Wir reden dann von erzwingbaren Mitbestimmungsrechten. Solche erkennt man im Gesetzestext – grob gesagt – daran, dass folgender Satz drinsteht: „Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.“

Die wichtigsten Mitbestimmungsrechte finden sich insbesondere in § 87 BetrVG. Da geht es dann um solche Sachen, wie z.B. Ordnung und Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb, Arbeitszeiten, Gesundheitsschutz, Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen oder Urlaubsregelungen betreffen. Seit 2021 hat hier der Betriebsrat zudem auch bei der Ausgestaltung von mobiler Arbeit, also bei der Arbeit im Home-Office mitzubestimmen. Das ist jetzt aber auch keine vollständige Liste. An anderer Stelle finden sich noch weitere Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats.

Die Betriebsvereinbarung dient somit der Sicherung der Mitarbeiterinteressen und trägt zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats wird dabei gewährleistet, indem die Betriebsvereinbarung eine rechtlich verbindliche Grundlage für das Miteinander im Betrieb schafft.

Rechtswirkung einer Betriebsvereinbarung

Die Rechtswirkung einer Betriebsvereinbarung ist von großer Bedeutung, da sie als verbindliches Regelwerk zwischen Arbeitgeber und der gesamten Belegschaft fungiert. Sie hat direkte Auswirkungen auf die Rechte und Pflichten im Arbeitsvertrag. Aus der Betriebsvereinbarung hat gegebenenfalls auch jeder einzelne Arbeitnehmer Ansprüche gegen den Arbeitgeber.

Eine wirksame Betriebsvereinbarung entfaltet unmittelbar und zwingend ihre Wirkung auf die Arbeitsverhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer. Das bedeutet, dass sie von allen Beteiligten – Arbeitgeber, Betriebsrat und Arbeitnehmern – eingehalten werden muss und bei Verstößen Sanktionen nach sich ziehen kann.

Eine gute Betriebsvereinbarung schafft für die Arbeitnehmer im Betrieb aber maßgeblich Rechte. Ungünstige Pflichten für die Arbeitnehmer sind in der Betriebsvereinbarung zu vermeiden. Mitunter kann zwar aufgrund des sogenannten Günstigkeitsprinzips die für den Arbeitnehmer günstigere Regelung etwa aus dem Arbeitsvertrag gelten. Manche Arbeitsverträge sind allerdings betriebsvereinbarungsoffen gestaltet. Dann ist im Arbeitsvertrag geregelt, dass auf jeden Fall immer die Regelungen aus Betriebsvereinbarung Anwendung finden. Da sollte man also als Betriebsrat drauf achten, damit man nicht plötzlich die Situation für die Arbeitnehmer schlechter macht.

Formelle Anforderungen an eine Betriebsvereinbarung

Beim Abschluss der Betriebsvereinbarung gelten einige formelle Anforderungen, die beachtet werden müssen:

  1. Eine Betriebsvereinbarung muss schriftlich niedergelegt und von beiden Parteien, also dem Arbeitgeber und dem Vorsitzenden des Betriebsrats, unterzeichnet werden.
  2. Klarheit und Bestimmtheit: Die Regelungen in der Betriebsvereinbarung sollten klar und unmissverständlich formuliert sein, um Missverständnisse zu vermeiden.
  3. Zuständigkeit des Betriebsrats: Die Vereinbarung muss Angelegenheiten betreffen, für die der Betriebsrat zuständig ist, also ein Mitbestimmungsrecht enthalten.
  4. Einhaltung von Gesetzen und Tarifverträgen: Die Betriebsvereinbarung darf keine Regelungen enthalten, die gegen geltendes Recht oder bestehende Tarifverträge verstoßen.
  5. Beteiligung aller Betriebsratsmitglieder: Bei der Erstellung und Verhandlung der Betriebsvereinbarung sollten alle Betriebsratsmitglieder beteiligt werden.
  6. Ohne Beschlussfassung geht auch hier nichts. Der Betriebsrat muss die Betriebsvereinbarung durch einen Betriebsratsbeschluss annehmen.

Durch die Einhaltung dieser formellen Anforderungen wird sichergestellt, dass die Betriebsvereinbarung eine rechtsverbindliche Wirkung entfaltet und als Mittel zur Umsetzung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats dient.

Arbeitsrecht ausschließlich auf der Seite der Arbeitnehmer
Arbeitsrecht für den Betriebsrat in Bonn

Wie kommt eine Betriebsvereinbarung zustande?

Eine Betriebsvereinbarung kommt durch Verhandlungen zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber zustande. Der Prozess beginnt damit, dass eine der beiden Parteien den Wunsch nach einer Vereinbarung äußert. Üblicherweise hat man zu diesem Zeitpunkt auch schon einen eigenen Entwurf parat. Diesen legt man jetzt der Gegenseite als Vorschlag vor.

Anschließend werden gemeinsame Gespräche und Verhandlungen geführt, um die Inhalte und Bedingungen der Betriebsvereinbarung festzulegen. Beide Parteien müssen sich auf die Punkte einigen, die in der Vereinbarung enthalten sein sollen.

Sobald eine Einigung erzielt wurde, wird die Betriebsvereinbarung schriftlich festgehalten und von beiden Parteien unterzeichnet. Die Vereinbarung ist danach rechtlich bindend und gilt für alle Arbeitnehmer

Wann kann der Betriebsrat einen Sachverständigen hinzuziehen?

Der Betriebsrat kann aus § 80 Abs.3 BetrVG einen Sachverständigen hinzuziehen, wenn dies erforderlich ist. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen ist insbesondere dann sinnvoll, wenn der Betriebsrat sicherstellen möchte, dass seine Entscheidungen auf fundierten Informationen basieren.

Bevor der Betriebsrat einen Sachverständigen hinzuziehen kann, ist eine nähere Vereinbarung darüber mit dem Arbeitsgeber zu treffen. Hierin einigen sich die Parteien dann auch über die Kosten und den zeitlichen Umfang der Tätigkeit des Sachverständigen. Meistens erfüllt der Anwalt des Betriebsrats diese Aufgabe. Es ist sinnvoll, diesen zuvor zu kontaktieren. Dann kann er bereits bei der eigentlichen Hinzuziehung helfen.

Der Sachverständige hilft dabei, eine sachgerechte Entscheidungsfindung zu erlangen und seine Mitbestimmungsrechte effektiv umzusetzen. Die Zusammenarbeit mit einem Sachverständigen sollte jedoch stets auf einer vertrauensvollen Grundlage erfolgen und im Sinne der Belegschaft und des Betriebs erfolgen.

Was passiert bei Verstößen gegen eine Betriebsvereinbarung?

Bei Verstößen gegen eine Betriebsvereinbarung können verschiedene Konsequenzen eintreten. Zunächst sollte der Betriebsrat auf den Verstoß aufmerksam machen und eine Klärung der Situation anstreben. Es ist wichtig, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer die Regelungen der Betriebsvereinbarung kennen und einhalten.

Sollte es zu wiederholten Verstößen kommen, kann der Betriebsrat gemäß § 23 BetrVG beim Arbeitsgericht eine Unterlassungsverfügung beantragen. Diese dient dazu, den Arbeitgeber zur Einhaltung der Betriebsvereinbarung zu verpflichten. Bei weiteren Verstößen drohen möglicherweise Ordnungsgelder oder andere gerichtliche Maßnahmen.

Sollte der Arbeitgeber schon die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats an sich ignorieren. Kann ebenfalls beim Arbeitsgericht auf Unterlassung vorgegangen werden. Gegebenenfalls ist auch sinnvoll, dann einfach die Einigungsstelle anzurufen. Letzteres tut der Arbeitgeberseite am meisten weh, weil es einfach sündhaft teuer ist.

Wenn man sich nicht einig ist, entscheidet die Einigungsstelle

Was die Einigungsstelle macht:

Es kommt vor, dass Arbeitgeber und Betriebsrat keine Einigung erzielen. In solchen Situationen kommt die Einigungsstelle ins Spiel Dabei handelt es sich um ein Gremium, das zur Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten beiträgt. Die Einigungsstelle besteht aus einem unabhängigen Vorsitzenden und Beisitzern, die von beiden Betriebsparteien benannt werden.

Die Entscheidungen der Einigungsstelle sind verbindlich und haben die gleiche Rechtswirkung wie eine Betriebsvereinbarung. So wird sichergestellt, dass die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gewahrt bleiben und eine faire Lösung für beide Seiten gefunden wird.

Es ist immer noch eine Betriebsvereinbarung denkbar:

Übrigens steckt in dem Wort Einigungsstelle schon das Wort Einigung drin. In den meisten Fällen wird innerhalb der Einigungsstelle dann doch noch eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen. Das liegt zum einen an der Moderation des Einigungsstellenvorsitzenden. Das sind meist aktive oder ehemalige Arbeitsrichter. Zum anderen besteht für den Arbeitgeber jetzt ein erheblicher Kostendruck. Die wird nämlich regelmäßig nach der benötigten Zeit abgerechnet. Je länger die Einigungsstelle dauert, desto teurer wird es also. Und schon so können da gut und gerne einmal so um die 10.000,00 EUR bis 15.000,00 EUR am Tag über den Tisch gehen.

Es ist aus Sicht des Betriebsrates auch anzustreben, hier noch eine Einigung zu erzielen. Alternativ erfolgt am Ende nämlich sonst ein Spruch der Einigungsstelle. Und der ist dann in der betrieblichen Praxis nicht immer so wirklich umsetzbar. Der Einigungsstellenspruch bildet meistens nämlich nur einen allgemeinen und ungünstigen Rahmen ab. Zudem ist es unter engen Voraussetzungen noch möglich, den Spruch gerichtlich anzugreifen. Das sollte man eher vermeiden.

Die Einigungsstelle kann der Betriebsrat auch notfalls gegen den Willen gerichtlich einsetzen lassen. Das einschlägige Verfahren beim Arbeitsgericht ist dann das Einigungsstelleneinsetzungsverfahren; schreiben Sie das bitte niemals bei Scrabble – ansonsten spielt niemand mehr mit Ihnen Scrabble.

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