Brandaktuell und gerne im Streit: die Inflationsausgleichsprämie

Zur Abmilderung der augenblicklichen Folgen der Inflation hat die Bundesregierung etwas getan. Sie hat die sogenannte Inflationsausgleichsprämie (IAP) ins Leben gerufen. Diese können Arbeitgeber zusätzlich zur arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung bis zu einem Gesamtbetrag in Höhe von 3.000,00 EUR zahlen. Steuer und Sozialversicherungsbeiträge fallen dann nicht an.

Wer die Inflationsausgleichsprämie alles bekommen kann.

Die Inflationsausgleichsprämie können, unabhängig von der Art ihrer Beschäftigung, nur Arbeitnehmer im steuerlichen Sinne erhalten. Die Verwaltung nennt folgende Beispiele:

  • Arbeitnehmer in Voll- oder Teilzeit,
  • kurzfristig Beschäftigte,
  • Minijobber,
  • Aushilfskräfte in der Land- und Forstwirtschaft,
  • Auszubildende,
  • Arbeitnehmer im entgeltlichen Praktikum (nicht nur, aber auch Studierende),
  • Arbeitnehmer in Kurzarbeit,
  • Arbeitnehmer in Elternzeit,
  • Arbeitnehmer mit Bezug von Krankengeld,
  • Freiwillige (also beispielsweise Bufdis)
  • Menschen mit Behinderungen, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig sind, ehrenamtlich Tätige, sofern der steuerliche Arbeitnehmerbegriff erfüllt ist,
  • Vorstände und Gesellschafter-Geschäftsführer/-innen, sofern der steuerliche Arbeitnehmerbegriff erfüllt ist,
  • Arbeitnehmer in der aktiven oder passiven Phase der Altersteilzeit,
  • Bezieher von Vorruhestandsgeld,
  • Versorgungsbezieher.

Der Beginn und die Dauer des Arbeitsverhältnisses sind für die Möglichkeit der Gewährung der Steuerbefreiung nicht von Bedeutung. Die Auszahlung muss jedoch im Begünstigungszeitraum erfolgen.

Arbeitnehmer im Sinne des Lohnsteuerrechts sind übrigens Personen, die im öffentlichen oder privaten Dienst angestellt oder beschäftigt sind. Weitere Informationen hierzu finden sich beim Bundesfinanzministerium.

Wie lange die Inflationsausgleichsprämie bezahlt werden kann

Zudem geht dies auch nur in dem Zeitraum vom 26.10.2022 (das war der Tag nach der Verkündung des dazugehörigen Gesetzes) bis zum 31.12.2024. Die IAP kann in Teilbeträgen oder auch in Form von Sachleistungen gewährt werden. Theoretisch ist es auch möglich, in dem Zeitraum der Geltung monatlich 115,38 EUR auszuzahlen (das entspricht 3.000,00 EUR durch 26 Monate Laufzeit). Ob sich der Arbeitgeber damit aber einen Gefallen tut, wollen wir hier einmal dahingestellt lassen. Immerhin besteht hierbei aus Arbeitgebersicht durchaus die Gefahr, dass eine betriebliche Übung entsteht. Das kann zumindest passieren, wenn Arbeitgeber hier Fehler machen. In dem Fall würde das für alle Arbeitnehmer im Betrieb zu einer dauerhaften Gehaltserhöhung von 115,38 EUR monatlich führen. Da hier aber keine Arbeitgeber vertreten werden, werden wir dies einfach nur im Auge behalten; für später.

Aber: Es ist eine freiwillige Leistung

Voraussetzung ist aber, dass die Leistungen auch wirklich zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Es ist nicht möglich, etwa ein eigentlich geschuldetes Weihnachtsgeld einfach zur IAP umzuwandeln, um auf diese Weise Steuer und Sozialversicherungsbeiträge zu sparen. Die Regelung ist inzwischen in viele Tarifverträge aufgenommen und findet millionenfach Anwendung.

Gibt es keine vertragliche oder tarifvertragliche Regelung zur Inflationsausgleichsprämie, bleibt es eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Will er diese nicht leisten, dann besteht auch kein Anspruch darauf. Zahlt der Arbeitgeber aber die IAP freiwillig, dann muss er sich auch an die allgemeinen arbeitsrechtlichen Regeln halten. Es ist allerdings mittlerweile häufig zu beobachten, dass dies nicht der Fall ist. Vielmehr greifen Arbeitgeber nicht selten auf willkürliche Kriterien zurück, wenn sie die Inflationsausgleichsprämie zahlen.

Die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie wird oft von sachfremden Faktoren abhängig gemacht

Häufig gehen Arbeitgeber her und sagen ihren Arbeitnehmern im Betrieb die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie in Höhe von Summe X zu. Im Ergebnis haben wir es dann regelmäßig mit einer Arbeitgebergesamtzusage zu tun. Es ist eher selten, dass die Arbeitgeberseite mit jedem Arbeitnehmer einzeln eine vertragliche Vereinbarung hierzu trifft.

Bei den folgenden Ausführungen sei darauf hingewiesen, dass es zu der Frage bislang wohl erst eine Entscheidung des Arbeitsgerichts in Paderborn gibt und ein paar Meinungen in der juristischen Literatur. Es sind also einige Frage schlicht noch umstritten. Das, was hier jetzt im Weiteren gesagt wird, gibt die Meinung des Herrn Stühler-Walter wieder. Es gibt durchaus Juristen, die an der einen oder anderen Stelle eine andere Auffassung vertreten. Welche Meinungen sich am Ende auch in der Rechtsprechung durchsetzen werden, bleibt abzuwarten. Merke: der Spruch von den zwei Juristen mit drei Meinungen kommt nicht von ungefähr.

Verstöße gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz

Bei der Zahlung der IAP werden gerne einzelne Arbeitnehmergruppen von der Zahlung ausgenommen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz bedeutet nicht, dass alle Arbeitnehmer das Gleiche zu bekommen haben. Es dürfen lediglich bei einer Leistung von mehreren miteinander vergleichbaren Arbeitnehmern einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern nicht aus der Leistung herausgenommen werden, ohne dass es hierfür eine sachliche Rechtfertigung gibt.

Es darf also im Klartext niemand willkürlich von einer Leistung ausgeschlossen werden.

Oft wird darauf abgestellt, dass nur diejenigen die Prämie ausgezahlt bekommen, die ein „aktives Arbeitsverhältnis“ betreiben. Und wenn Sie sich jetzt fragen, was ein „aktives Arbeitsverhältnis“ sein soll: die Frage ist berechtigt. Gerne werden Langzeitkranke oder Arbeitnehmer in Elternzeit von der Zahlung herausgenommen. Das Ganze dann mit der Argumentation, dass die Betroffenen ja keinen Lohn bezahlt bekommen und die IAP ja schließlich zusätzlich zum geschuldeten Gehalt geleistet werden soll. Vordergründig lässt sich das sogar hören. Allerdings steht dem entgegen, dass eben diese Arbeitnehmergruppen nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums ausdrücklich als mögliche Bezieher der IAP in Betracht kommen. Ebenso, wie viele andere Arbeitnehmer, die schon oben aufgeführt sind und in Wirklichkeit gar kein Geld mehr vom Arbeitgeber bekommen.

Das kann man aber wohl auch anders tariflich regeln.

Beispielsweise im TVöD ist die Anspruchsvoraussetzung zur Zahlung des tariflich vereinbarten Inflationsausgleichs daran geknüpft, dass zwischen dem 01.01.2023 und dem 31.05.2023 wenigstens einen Tag in Gehaltsbezug gewesen ist. Das eröffnet dann aber auch wieder Potenzial zu Streit bei denjenigen, die eigentlich im Krankengeldbezug sind aber die tarifliche Aufstockung zum Krankengeld bekommen.

Mögliche sachliche Rechtfertigung für die Nichtzahlung der Inflationsausgleichsprämie an einzelne Arbeitnehmer

Nach hiesiger Auffassung kommt aber als sachlicher Grund dafür, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern von der Zahlung der Inflationsausgleichsprämie auszunehmen ausschließlich einer in Betracht: die betreffenden Arbeitnehmer bekommen ohnehin schon deutlich mehr Gehalt als alle anderen. Die IAP soll dazu dienen, die Inflation abzufangen, welche durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und den schnellen Reibach einiger Kriegsgewinnler ausgelöst wurde. Arbeitnehmer, die ohnehin schon sehr viel mehr verdienen als alle anderen im Betrieb, sind dann davon nicht so betroffen bzw. können die Inflation besser persönlich besser abfangen. Einen anderen Zweck hat die IAP nicht.

Vor allem haben wir es hier nicht mit einer Zahlung zu tun, die irgendetwas mit Leistung und Gegenleistung zu tun hat. Daher kann auch der Umstand, dass man gerade keine Leistung erbringt, nicht als Rechtfertigungsgrund für die Nichtzahlung der Prämie an einzelne Arbeitnehmer herhalten. Und selbst, wenn man dies doch annehmen wollte: die Formulierung „aktives Arbeitsverhältnis“ oder ähnliche Formulierungen sind einfach zu unbestimmt. Wenn schon ein Fachanwalt für Arbeitsrecht nicht sagen kann, was das eigentlich sein soll – wie soll es ein normaler Arbeitnehmer hinbekommen? Wenn man aber schon nicht wirklich erfassen kann, wer die Inflationsprämie bekommen soll und wer nicht, dann kann dies keinesfalls die Grundlage für eine Nichtzahlung an Einzelne darstellen.

Ungleichbehandlung von Teilzeitkräften

Gerne wird an Teilzeitkräfte die IAP nur anteilig entsprechend er individuellen Arbeitszeit ausgezahlt. Das geht natürlich gar nicht. Ganz im Gegenteil müssten die eigentlich sogar – überspitzt gesagt – mehr bekommen, weil sie weniger verdienen und damit auch von der Inflation mehr getroffen sind.

Schon aus dem, was hier zum Gleichbehandlungsgrundsatz gesagt wurde, verbietet sich dies eigentlich schon. Da aber viele Arbeitgeber die Sache hier mit einer Art Leistungsprämie oder Treuegeld verwechseln, kommt es eben auch oft vor; da würde es ja rechtlich auch problemlos funktionieren.

Inflationsausgleichsprämie und Stichtagsregelungen

Gerne wird die Inflationsausgleichsprämie dergestalt ausgelobt, dass sie an alle Arbeitnehmer im Betrieb ausgezahlt werden soll, welche am Stichtag X in einem (aktiven) Arbeitsverhältnis sind. Damit erhält die IAP auch wieder einen Ruch von Treuebonus. Es ist jedoch umstritten, ob man dies mit einer solchen Zielsetzung rechtlich zulässig machen kann.

In pragmatischer Hinsicht dürfte allein der Stichtag weniger Probleme mit sich bringen. Jedenfalls dürfte diese Konstruktion für sich rechtlich durchgehen, solange zwischen Auslobung und dem Stichtag ein angemessener Zeitraum legt, auf den man sich als Arbeitnehmer einstellen kann.

Aber auch ließe sich sagen, dass es sich bei einem Stichtag dann um eine unzulässige Treueprämie handelt und deswegen auch alles die IAP zu bekommen haben, die jedenfalls zum Zeitpunkt der Auszahlungsentscheidung durch den Arbeitgeber im Betrieb beschäftigt waren.

Nach hiesiger Prognose ist es aber nicht unwahrscheinlich, dass die Arbeitsgerichte das mit dem Stichtag wirklich eher pragmatisch mit Blick auf die Abrechnung betrachten und dann auch mitmachen werden.

Inflationsausgleichsprämie und Rückzahlungsklauseln

Gerne wird direkt mit der Zusage der Prämie mitgeteilt, dass diese zurückzuzahlen ist, wenn der Arbeitnehmer vor einem Stichtag X das Arbeitsverhältnis beendet. Ob das grundsätzlich überhaupt zulässig ist, wird davon abhängen, wie man die Inflationsprämie rechtlich überhaupt sieht: als reine Sozialleistung oder als eine Leistung mit Mischcharakter, dann eben auch als vermeintlich zulässige Belohnung der Betriebstreue. Das aber ist eben unter Juristen umstritten und noch nicht entschieden. Sieht man es (wie Herr Stühler-Walter) als reine Sozialleistung, so wird eine Rückzahlungsklausel generell niemals zulässig sein. Sieht man auch die Möglichkeit des Treuebonus, dann wird es wohl unter bestimmten Voraussetzungen funktionieren.

In der Praxis kommen solche Rückzahlungsklauseln in unterschiedlicher Form vor. Nämlich als einseitige Ansage durch den Arbeitgeber oder auf vertraglicher Basis. Ob es derartige Klauseln auch in Tarifverträgen gibt, ist hier im Moment nicht bekannt.

Es liegt auf der Hand, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung nur innerhalb der Arbeitgebergesamtzusage eher nicht zulässig sein dürfte. In dem Fall werden nämlich im Ergebnis für den Arbeitnehmer verbindliche Vertragsbedingungen einseitig durch den Arbeitgeber festgelegt und das geht niemals.

Anders wird sich das verhalten, wenn es vertraglich festgelegt wird und beide Seiten einverstanden sind. Dann sollten aber auch die üblichen Voraussetzungen dazu erfüllt sein, wie sie beispielsweise für Klauseln zur Rückzahlung von Fortbildungskosten einzuhalten sind; etwa die anteilige Reduzierung der Rückzahlungssumme für jeden weiteren Monat, den man als Arbeitnehmer noch weiter im Betrieb tätig ist. So sollte es jedenfalls nach hier vertretener Auffassung sein. Wir wissen aber noch nicht, wie die Gericht das in Zukunft sehen werden. Möglicherweise behandeln die das ganz dann auch, wie Weihnachtsgeld, bei dem Rückzahlungsklauseln bei einem Ausscheiden vor einem Tag X durchaus als zulässig angesehen wird.

Vorgehen in der Praxis

In der Praxis werden Arbeitgeber die Prämie dann aber wahrscheinlich bei der letzten Gehaltszahlung einfach verrechnen und von der Zahlungssumme abziehen. Das ist zwar generell auch nur in einem bestimmten Rahmen zulässig, aber so wird es einfach gebracht. Das bringt den Arbeitnehmer dann in die missliche Lage, jedenfalls selber aktiv zu werden und gegebenenfalls das fehlende Gehalt einklagen zu müssen.

Fazit zur Inflationsausgleichsprämie

Wie die Auszahlung einer Inflationsausgleichsprämie rechtlich ausgestaltet wird und an welche Bedingungen sie geknüpft wird, ist für Arbeitgeber deutlich heikler als für Arbeitnehmer. Was dahingehend alles zulässig ist und was nicht, wissen wir bislang noch nicht sicher. Da birgt natürlich dann für die Arbeitgeberseite einige Fallstricke. Da hier aber keine Arbeitgeber vertreten werden, ist das auch nicht unser Problem.

Generell wird die ganze Angelegenheit auch nach der Frage unterschiedlich zu betrachten sein, ob es sich um eine einseitige Zusage des Arbeitgebers, eine vertragliche Vereinbarung oder um tarifvertragliche Regelungen handelt; die sind jeweils einfach nach unterschiedlichen Regeln zu bewerten.

Mit Blick auf die möglichen Kosten ist nach derzeitigem Stand eigentlich nur Arbeitnehmern mit einer Rechtsschutzversicherung wirklich zu empfehlen, wegen der IAP rechtlich vorzugehen. Bis einschließlich in die erste Instanz der Arbeitsgerichte trägt ja jede Seite auf jeden Fall die eigenen Anwaltskosten selber. Ab der zweiten Instanz zahlt dann wieder der Verlierer alles. Günstigstenfalls gewinnt man also in der ersten Instanz und die andere Seite verfolgt es nicht weiter; dann wird man noch ein wenig von der Prämie behalten können. Geht es aber durch die Instanzen, dann können die Kosten durchaus die eigentliche Inflationsausgleichsprämie deutlich überschreiten und dann kann es wirtschaftlich unsinnig werden.

Da hier wirklich noch einige rechtliche Unsicherheiten bestehen, sollte ein rechtliches Vorgehen tatsächlich davon abhängig gemacht werden, dass die Rechtsschutzversicherung hierfür grünes Licht gibt. Herr Stühler-Walter kümmert sich für Sie darum.

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